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Skoliose: Die Verkrümmung der Wirbelsäule

Die häufigsten Formen der Skoliose, also der Verkrümmung der Wirbelsäule, treten während des Wachstums von Kindern und vor allem Jugendlichen auf. Mädchen sind dabei häufiger betroffen. Leichte Formen kann man oft mit Physiotherapie und einem speziellen Korsett behandeln, schwere Fälle müssen operiert werden. Wie wird eine Skoliose diagnostiziert und wie wird sie behandelt?

Was ist eine idiopathische Skoliose?

Bei einer Skoliose verkrümmt sich die Wirbelsäule während des Wachstums zur Seite. Oft sind auch die Wirbelkörper in sich und die gesamte Wirbelsäule in ihrer Längsachse verdreht (Rotation und Torsion). Die meisten Skoliosen treten erstmals im 10.–12. Lebensjahr auf. Eine idiopathische Skoliose ist eine Wirbelsäulenverkrümmung, für die sich kein konkreter Krankheitsauslöser finden lässt. Etwa 90 Prozent aller Skoliosen sind idiopathisch.

Welche Beschwerden treten bei einer Verkrümmung der Wirbelsäule auf?

Typischerweise sind Kinder und Jugendliche betroffen, Mädchen häufiger als Jungen. Die Kinder klagen über belastungsabhänge Schmerzen im Rücken. Vor allem aber fällt die vermeintlich „schlechte Haltung" auf. Die Schultern stehen nicht gerade, das Kind steht seitlich schief und auf Höhe der Schulterblätter ist ein zumeist rechtsseitiger „Buckel“ zu sehen.

Eine Skoliose kann sehr unterschiedlich verlaufen. Je früher eine Verkrümmung der Wirbelsäule festgestellt wird, desto wahrscheinlicher schreitet sie voran. Eine Ausnahme bildet lediglich die Skoliose bei Säuglingen. Eine schiefe Wirbelsäule bildet sich in den ersten beiden Lebensjahren in bis zu 96 Prozent der Fälle selbstständig zurück. Durch geeignete Lagerung und Physiotherapie kann sie zusätzlich positiv beeinflusst werden.

Wenn eine Wirbelsäulenverkrümmung in den folgenden Lebensjahren auftritt, ist die Prognose von verschiedenen Kriterien abhängig. Dazu zählen Grunderkrankungen am Muskel- oder Nervensystem, die den Krankheitsverlauf verschlechtern können. Bei einer idiopathischen Skoliose sind das Alter und damit das mögliche Restwachstum, der Krümmungswinkel, die Skelettreife und weitere Faktoren von Bedeutung.

Die meisten Patienten können gut mit ihrer Skoliose leben. Eine aktive Arbeit gegen die Wirbelsäulenverkrümmung ist sehr wichtig. Dazu gehören Skoliose-Übungen und Sport. Bei Bedenken kann immer der behandelnde Arzt konsultiert werden.

Wie läuft die Untersuchung/Diagnostik einer idiopathischen Skoliose ab?

Am Anfang der Untersuchung steht ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch. Der Arzt klärt im Gespräch die aktuelle Situation des Patienten ab, wie beispielsweise bereits durchgeführte Vorbehandlungen und das noch zu erwartende Wachstum. Dafür werden bestimmte Kenndaten abgefragt, wie die Größe des Patienten, die Größe der Eltern, Menarche oder Stimmbruch, also die Zeichen der Körperlichen Reife.

Damit kann der Arzt das noch zu erwartende Wachstum und das Risiko für eine dramatische Verschlechterung abschätzen. Anschließend folgt eine klinische Untersuchung. Hier klärt der Arzt die Ausprägung und Lokalisation der Skoliose ab, wie stark die Wirbel zueinander verdreht sind, wie groß ein Rippen- oder Lendenberg ist, wie die Seitabweichung vom Lot ist sowie die Flexibilität der Krümmung. Für die Therapieplanung und für Verlaufskontrollen sind spezielle Röntgenaufnahmen erforderlich.

Röntgenuntersuchung

Spezielle Röntgenaufnahmen zeigen die gesamte Wirbelsäule im Stehen von vorne und von der Seite. Somit lässt sich der Krümmungswinkel exakt ausmessen. Durch Aufnahmen mit Seitneigung wird die Flexibilität der Wirbelsäulenkrümmung beurteilt.

In Kombination mit dem noch vorhanden Wachstumspotenzial kann mithilfe des Krümmungswinkels über die Form der Behandlung entschieden werden.

Welche konservativen Therapiemöglichkeiten gibt es bei einer Verkrümmung der Wirbelsäule

Die Behandlung richtet sich im Wesentlichen nach Ausprägung der Krümmung und dem noch zu erwartenden Restwachstum, also dem Alter der Patienten. Grundpfeiler der konservativen Skoliose-Therapie ist die intensive physiotherapeutische Behandlung, z.B. nach Katharina Schroth. Durch Skoliose-Übungen soll die Aufrichtung des Körpers entlang der Wirbelsäule gefördert werden hin zu einem natürlichen Haltungsmuster. Dabei soll ebenfalls die Körperstellung korrigiert werden. Trainiert werden vor allem die Rücken- und Bauchmuskulatur. Skoliose-Übungen sind besonders bei leichten Formen der Wirbelsäulenverkrümmung sinnvoll. Kaum verbessern lassen sich dagegen schwere Skoliose-Formen.

Skoliose-Übungen nach Schroth

Die physiotherapeutischen Übungen nach Schroth-Methode wurden von der Gymnastiklehrerin Katharina Schroth begründet und ständig weiterentwickelt. Zusammen mit dem Therapeuten betrachten sich die Patienten im Spiegel und korrigieren bestmöglich ihre falsche Körperhaltung. Anschließend sollen die Patienten bewusst Gelenkstellungen, Muskellängen und Dehnungen der Bänder wahrnehmen und verinnerlichen.

Gleichzeitig sollen Skoliose-Patienten falsche Körperpositionen, die die Skoliose verschlechtern, erkennen und vermeiden. Insgesamt schulen diese Übungen Koordination, Bewegungen und Haltung und unterbewusst in den Alltag übernommen und eingebaut werden. Eine weitere Übung nach Schroth ist die sogenannte Drehwinkelatmung. Dadurch sollen die Rippen an einem abgeflachten Teil des Brustkorbs wieder nach vorne gedrückt werde, um eine Drehung der Wirbelsäule und damit eine gesündere Position zu erreichen.

Skoliose-Korsett

Bei stärkeren Wirbelsäulenverkrümmungen des Kindes kommt ein Skoliose-Korsett zum Einsatz. Damit werden oft sehr gute Ergebnisse bei Skoliosen erzielt, die nicht auf schweren Grunderkrankungen beruhen. Das Korsett (auch Orthese genannt) besteht aus Kunststoff und hat eingearbeitete Druckpolster und Freiräume.

Korsette werden am Deutschen Zentrum für Orthopädie in der angeschlossenen orthopädischen Werkstatt individuell maßangepasst, um diese möglichst effektiv und komfortabel zu gestalten. Sie werden mittels Klettverschlüssen und Gurten am Körper befestigt und sollen die Wirbelsäule in ihre natürliche Form zurückführen. Für die verschiedenen Krümmungsarten der Skoliose stehen verschiedene Skoliose-Korsetts zur Verfügung.

Wichtig: Ein Korsett schafft keine Verbesserung des Krümmungswinkels einer Skoliose. Es erzielt aber sehr gute Resultate beim Lenken des Wachstums, dass die Skoliose sich nicht weiter verschlechtert.

Skoliose: Operation ab einer Krümmung von 40 bis 50 Grad

In einigen Fällen ist eine konservative Therapie einer Wirbelsäulenverkrümmung nicht ausreichend. Ärzte empfehlen bei einer sehr starken Verkrümmung, spätestens jedoch ab einem Krümmungswinkel von 50 Grad sowie einer raschen Verschlechterung der Skoliose in jedem Wachstumsalter eine Operation.

Dafür müssen die Schwere der Verkrümmung, das Lebensalter sowie die allgemeine körperliche Verfassung der Patienten berücksichtigt werden. Operative Skoliose-Therapien haben als Ziel, die krumme Wirbelsäule zu strecken und ihre Rotation zu beseitigen sowie das sichere Voranschreiten der Krümmungsentwicklung nach Wachstumsabschluss zu stoppen.

Dieses kann bei derartig großen Krümmungen 0,5-1° / Jahr betragen. Ab 70° sind mit Einschränkungen der Atmung und mit verstärkten Schmerzen zu rechnen. Für Kinder über 10 Jahre gibt es zwei verschiedene OP-Techniken, die je nach Krümmung eingesetzt werden.

Ventrale Derotationsspondylodese (VDS)

Bei einer einbogigen Krümmung im Bereich der Lenden- oder Brustwirbelsäule, also einer relativ kurzbogigen Krümmung, bringt der Operateur über einen Schnitt an der Seite des Rumpfes Schrauben und Stäbe in die Seite der Wirbelsäule ein. Über eine anschließende Kompression auf der konvexen Seite kann die Wirbelsäule korrigiert und begradigt werden. Bei dieser Methode müssen keine Muskeln verschoben werden und es kann über eine kurze Strecke eine gute Korrekturwirkung erreicht werden.

Dorsale Korrekturspondylodese

Bei allen anderen Wirbelsäulenkrümmungen wird eine dorsale Korrektur, eine sogenannte Spondylodese (Versteifung) über einen Schnitt am Rücken eingesetzt. Der operierende Spezialist legt den betroffenen Wirbelsäulenabschnitt frei. Mit modernen Implantatsystemen und unter Neuromonitoring wird in der Regel ebenfalls über ein Schrauben- und Stabsystem die Wirbelsäule operativ begradigt und versteift.

Bei beiden Verfahren können die Implantate im Körper verbleiben und müssen später nicht entfernt werden. Die Versteifung der Wirbelsäule dient in erster Linie dazu, eine weitere Verschlechterung der Krümmung zu verhindern, die Wirbelsäule zu korrigieren und freie Segmente, die nicht operiert werden, vor einer schnelleren Degeneration zu schützen. Zusätzlich ergibt sich durch eine Operation ein kosmetischer Effekt auf den „Rippenberg bzw. -buckel“, den die Patienten zusätzlich als sehr positiv wahrnehmen.

Early Onset Skoliosen (EOS)

Bei Kindern unter 10 Jahren können auch „mitwachsende“ oder „wachstumsfreundliche“ Implantate zum Einsatz kommen. Diese können z.B. von außen über Magnete verstellt werden und erlauben bzw. lenken so das Weiterwachstum der Wirbelsäule was für die Entwicklung der Lunge dieser jungen Patienten sehr wichtig ist.

Angeborene Skoliosen

Bei dieser Art der Skoliose entsteht die Krümmung durch schon vor der Geburt fehlangelegte Wirbel. Diese können entweder miteinander verschmolzen oder nur halb ausgebildet sein. Auch Kombinationen kommen vor. Bei dieser seltenen Form der Skoliose werden häufig schon frühzeitig operative Eingriffe nötig (ideal zwischen 3. und 6. Lebensjahr). Teilweise kann man das Überschüssige Wachstum durch kurzstreckige Versteifungen bremsen, teilweise müssen überschüssige Halbwirbel entfernt werden.