Digitale Ganganalyse am Deutschen Zentrum für Orthopädie
Die digitale Ganganalyse als Teil der Bewegungsanalyse erlaubt die präzise Erfassung von Bewegungen. Durch die Analyse im Labor werden Diagnosen präziser und die Behandlung passgenauer für den Patienten. Außerdem kann der Therapieerfolg kontrolliert werden. Die Bewegungsanalyse ist ein Kernelement der Forschungsarbeit am Deutschen Zentrum für Orthopädie (DZO).
Was ist eine Ganganalyse?
Die instrumentierte Ganganalyse kommt im Rahmen von wissenschaftlichen Fragestellungen zur Anwendung. Dabei handelt es sich um ein technisch-wissenschaftliches Verfahren zur Untersuchung und Beschreibung des Gehens. Mit ihr werden Bewegungsmuster und biomechanische Eigenschaften des Gehens bei Patientinnen und Patienten mit Orthopädischen Erkrankungen analysiert. Dabei können verschiedene Parameter wie Schrittlänge, Gehgeschwindigkeit, Schrittfrequenz, Gelenkwinkel, auf die Gelenke einwirkende Kräfte, Muskelaktivität und Energieverbrauch gemessen und ausgewertet werden. Details, die mit dem bloßen Auge gar nicht oder nur beschränkt erkennbar wären.
Welche Beschwerden kann die Ganganalyse feststellen?
- Asymmetrien im Gangbild
- Dysfunktion einzelner Gelenke
- Verkürzung der Gliedmaßen oder Muskeln
- Komplikationen bei Prothesen
- Fehlbelastungen der Füße
- und vieles mehr
Analyse von Fehlbelastungen und Fehlbewegungen
Anhand der Analyse von Gelenkwinkel und -belastung sowie typischen Parametern aus der Stand- und Schwungphase des Gangzyklus (Schrittlänge, Standzeit, Gehgeschwindigkeit etc.) können z.B. Gangasymmetrien zwischen beiden unteren Gliedmaßen festgestellt werden, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind.
Die erhaltenen Daten werden mit den Durchschnittswerten von einem gesunden Vergleichskollektiv verglichen und aufgrund dessen Folgerungen auf Fehlbelastungen oder -bewegungen geschlossen. Dafür werden auch Informationen über den Patienten erfasst, wie Größe und Gewicht.
So ist die genaue Beurteilung des Gangmusters möglich und Störungen in der Bewegungskoordination können leichter gefunden werden.
Zudem helfen die Daten dabei, bessere Prothesendesigns zu entwickeln.
DZO setzt auf modernste Analysetechnik
Um die Bewegungsmuster der Patientinnen und Patienten genau analysieren zu können, setzen die Forscher am DZO auf modernste Messtechnik und neueste Systeme.
Das Laufband
Das hochmoderne vorne offene Laufband im DZO-Labor macht ein natürliches Gehen möglich. Es können zudem verschiedene Situationen, Bergauf- oder Bergabgehen zum Beispiel, simuliert werden. Weil sich die Geschwindigkeit des Laufbands dem Gehtempo des Patienten anpasst, entsteht so ein physiologischer Gang, der dem natürlichen Gehen sehr nahekommt.
Eine Vielzahl von hochauflösenden Kameras am Laufband zeichnen dabei die Bewegungen von reflektierenden Markern auf, die an den Patienten angebracht werden. Dadurch werden alle Bewegungen, Winkel und Abläufe von den optischen Systemen exakt registriert und dokumentiert. Diese qualitativ hochwertigen Daten helfen bei der Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen.
Eine wichtige Rolle spielen auch integrierten Kraftmessplatten im Boden des Laufbands. Sie registrieren bei jedem Schritt die Bodenreaktionskräfte. Das sind die Kräfte, die entstehen, wenn der Fuß aufsetzt. Über diese Kräfte und in Verbindung mit den jeweiligen Gelenkwinkeln können auch Rückschlüsse auf die anliegenden Gelenkmomente, also die Belastung des Gelenks, getroffen werden.
IMU-Messtechnik
Im Rahmen der Bewegungsanalyse arbeiten die Forscher des DZO auch mit hochinnovativen IMU-Systemen. IMU steht für „Inertial Measurement Unit“ (Inertiale Messeinheiten). Dabei handelt es sich um gekoppelte bzw. interagierende Sensoren, die am Patienten angebracht werden, Bewegungen registrieren und messen. Wie sich zum Beispiel Sensoren auf Unterschenkel und Oberschenkel zueinander bewegen, gibt Auskunft über die Beweglichkeit des Kniegelenks. Zwar sind diese IMU-Systeme nicht ganz so exakt wie die optischen Systeme des Laufbands. Ihr Vorteil ist aber: Die DZO-Forscher sind nicht an ein Labor gebunden und haben mehr „Bewegungsspielraum“. Patientinnen und Patienten können die Sensoren zum Beispiel während Alltagstätigkeiten tragen und die IMUs liefern Daten bei lebensechten Situationen.
Patienten profitieren doppelt
Patientinnen und Patienten profitieren in zweifacher Weise: Zum einen werden die Befunde vor der Therapie ergänzt und die Diagnose präzisiert, zum anderen können die Mediziner durch wiederholte Ganganalysen nach dem Eingriff den Erfolg der Therapie kontrollieren.